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Eine Fülle an Themen

Eine Fülle an Themen

kklick im Gespräch mit Tanja Scartazzini

12.01.2022 - Menschen

Tanja Scartazzini leitet seit August 2021 das Amt für Kultur des Kantons St.Gallen, davor war sie Leiterin der Kunstsammlung Kanton Zürich. kklick hat nachgefragt, wie sie Kultur und Kulturvermittlung im Kanton und im Rahmen ihrer neuen Aufgabe erlebt.

Sie sind nun ein gutes halbes Jahr als Leiterin des Amtes für Kultur tätig. Auf welchen Aspekt dieses Amtes haben Sie sich am meisten gefreut?

Auf die Vielfalt des Kantons St.Gallen im kulturellen Bereich, die sich auch in meiner Tätigkeit abbildet. Meine Arbeit führt mich durch den ganzen Kanton und bietet mir Gelegenheit für Begegnungen mit engagierten Menschen. Von archäologischen Ausgrabungen über Aufführungen von Laienchören bis zu kulturpolitischen Diskussionen ist alles dabei. Ich geniesse die Fülle an Themen und ich geniesse es, mit meinem Team an gesellschaftlich Relevantem zu arbeiten.

Als Kulturamtsleiterin sind sie nun sozusagen auch Teil von kklick – der interkantonalen Initiative für Kulturvermittlung in der Ostschweiz. Inwiefern hatten Sie bereits Berührungspunkte mit dem Bereich der Kulturvermittlung, zum Beispiel im Rahmen Ihrer vorgängigen Position, als Sie die Fachstelle Kunstsammlung im Hochbauamt des Kantons Zürich leiteten?

In meiner Tätigkeit als Leiterin der Kunstsammlung Kanton Zürich war Kulturvermittlung eines der zentralen Themen, auch wenn es nicht als solches explizit genannt wurde. Wie aber führt man einen Kunst am Bau-Wettbewerb durch, ohne die verschiedenen Nutzergruppen für Kunst zu begeistern, ihnen den Wert und die Sinnhaftigkeit dieser Ausgaben für Kunst am Bau zu vermitteln? Mir war immer wichtig, in den Jurys möglichst alle Nutzer*innen vertreten zu haben: von Schüler*innen, Hauswartin bis zum Spitaldirektor. Für die Kunstexpert*innen ist die Auseinandersetzung mit einer sogenannten Laienmeinung auch immer wieder herausfordernd gewesen, aber auch meinungsschärfend. Die Platzierung von Kunstwerken und Kunst am Bau im öffentlichen Raum oder in halböffentlichen Orten wie Büros, Verwaltungsgebäuden ist ohne eine gute Vermittlung heute nicht mehr denkbar.

Was kann – oder muss – kulturelle Bildung in der Schule Ihrer Meinung nach leisten?

Kulturelle Bildung leistet einen wichtigen Teil zur schulischen Allgemeinbildung oder anders gesagt, kulturelle Bildung ist (auch) die Basis für viele weitere Schulfächer. Kunst und Kultur spricht Jugendliche und Kinder emotional und kognitiv an. Sie ist wichtig für die Gefühlsbildung, für das Entdecken von anderen Ausdrucksformen. Künstlerisch-kulturelle Bildung ist in besonderer Weise in der Lage, ganzheitliches Lernen mit Kopf, Herz und Hand, also ein Lernen mit allen Sinnen zu ermöglichen.

Welche Kulturveranstaltung, die Sie unlängst besucht haben, war für Sie ein Highlight und warum?

Eigentlich war im letzten halben Jahr jede Kulturveranstaltung ein Highlight, weil ich sie mit ganz neuen Augen besuchen durfte: Als Veranstaltungen, zu deren Gelingen das Amt für Kultur beitragen durfte. Wenn ich jetzt aber besondere Veranstaltungen nennen müsste, dann sind es wohl folgende: Noch bevor ich mein Amt angetreten habe, war ich im Juni 2021 bereits zur Schlossmediale im Schloss Werdenberg eingeladen. Mir bleibt die Eröffnung nicht nur wegen der wunderbaren Musik in Erinnerung. Das Team der Schlossmediale hat den Event trotz aller Widrigkeiten durchgeführt.
In Erinnerung bleiben wird mir das kurzweilige Stück "tiggtaggtoggenburg" im Chössitheater Lichtensteig. Ich habe in zwei unterhaltenden Stunden viel über das Toggenburg und deren Bewohner*innen lernen können.
Ein ebenso grosses Geschenk, das mir die Kulturschaffenden hier in der Bodenseeregion machen konnten, war ihre Teilnahme am Heimspiel. Was für ein Glück, dass diese überregionale Überblicksschau gerade in meiner Anfangsszeit stattfindet und ich auf diese Weise gut 80 Künstlerinnen und Künstler konzentriert kennen lernen kann.

Welches kulturelle Erlebnis aus der Kindheit, an das Sie sich auch heute noch erinnern, hat Sie inspiriert?  

Ich komme eigentlich aus einem sehr kulturfernen Elternhaus. Zuhause wurde wenig gelesen, Theaterbesuche oder Musikveranstaltungen konnten sich meine Eltern nicht leisten. Mit Kunst und Kultur bin ich wirklich durch die Schule und schulischen Angebote in Berührung gekommen, die ich sehr gerne und rege vor allem auch in den Ferien genutzt habe. Ich erinnere mich an einen Besuch der Autorin Federica de Cesco in der 5. Primarklasse. Sie erzählte uns, wie sie ihre Bücher schreibt, wie sie sich ihre Personen vorstellt und wie schwierig es sei, die Geschichte, die im Kopf so spannend und toll ist, dann auch aufs Papier zu bringen. Genauso ging es mir auch, wenn ich Aufsätze für die Schule schreiben sollte! Ein anderes grossartiges Erlebnis war der Bau einer eigenen Camera Obscura in einem Schulferienkurs. Zuerst bastelten wir unseren "Fotoapparat", dann lernten wir damit zu fotografieren und die Bilder auch zu entwickeln. Was für ein Zauber, wenn die Bilder auf dem Papier plötzlich zum Vorschein kommen.

  • Dieses Buch / diese Musik / diesen Film würde ich auf die berühmte einsame Insel mitnehmen:
    In der Hoffnung, dass es sich beim Aufenthalt auf der berühmten, einsamen Insel um zwei Wochen Auszeit handelt, würde ich kurz vor der Abreise unbesehen eine oder zwei der von der Bibliothek Hauptpost angebotenen Büchertaschen schnappen.
  • Ein Leben ohne Kultur ist wie… Kartoffeln roh! Ohne Kultur würden wir sie wohl heute noch roh essen. Auch wenn sie so gesund sein sollen, macht es doch viel mehr Spass sie in all den Varianten geniessen zu dürfen.
  • Da werde ich sprachlos: Zynismus und Respektlosigkeit.
  • In fünf Jahren möchte ich, dass Kultur… noch viel mehr Menschen anspricht und inspiriert.