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Bibliotheken – Räume zur Entfaltung von Kultur

Foto: Thomas Hary visuals

Bibliotheken – Räume zur Entfaltung von Kultur

Im Gespräch mit Susanne Uhl, Leiterin Kantonsbibliothek St.Gallen

23.03.2023 - Menschen

Susanne Uhl leitet seit März 2022 die Kantonsbibliothek Vadiana St.Gallen. In unserer Rubrik «Menschen» steht sie kklick Rede und Antwort unter anderem zur eigenen Erfahrung mit Kultur und zur Rolle von Bibliotheken als (kultureller) Bildungspartner von Schulen.

Was bedeutet Kultur für Dich im Leben?
Von einem sehr weiten Kulturbegriff ausgehend, würde ich sagen: Es geht nicht ohne! Ich liebe Musik, ich lese gerne, ich koche gerne, ich esse gerne gut und ich interessiere mich für Architektur, Kunst, Design, Gartenbau und vieles mehr. Kultur ist eine vielfältige Bereicherung für mein Leben und sie hat in ihrer Vielfalt die Gabe, jedem etwas zu bieten. Sie regt zum kritischen Nach- und Hinterfragen an. Sie lädt ein, im Moment zu verweilen. Und sie verbindet, wenn man sich mit ihr auseinandersetzt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander.

Gibt es ein erstes «kulturelles Erlebnis», an das Du Dich erinnern kannst, das Dich geprägt oder inspiriert hat?
Ich kann mich an ein Konzert erinnern, das ich als Kind einmal miterlebt habe. Der Mann im schwarzen Anzug mit dem dünnen Stab in der Hand und die vielen Instrumente haben mich sehr beeindruckt. All die gut gekleideten Menschen im Raum, die ruhig und andächtig zuhörten, hatten etwas Feierliches. Nur die Sängerin, eine Sopranistin, in meiner Erinnerung, hat mich etwas irritiert, weil ich diese Art des Singens bis dato nicht kannte. Und auch wenn ich mich weder an die Stücke oder den Aufführungsraum erinnern kann, hatte das Erlebnis doch etwas sehr Prägendes und es kam mir oft wieder in den Sinn, wenn ich in späteren Jahren selbst in einem Orchester spielend oder in einem Chor singend aufgetreten bin. Es waren und sind besondere Momente, in denen man auch Emotionen mit anderen Menschen teilen kann.

Du leitest seit März 2022 die Kantonsbibliothek Vadiana St.Gallen. Zuvor warst du Mitglied der Geschäftsleitung der Zentralbibliothek Zürich. Inwiefern siehst Du Bibliotheken auch als Orte der kulturellen Bildung?
Bibliotheken verfügen über enorme Wissensschätze, die es zu entdecken gilt. Das sind nicht nur die neusten Publikationen, Zeitungen oder E-Books, sondern auch unglaublich spannendes historisches Material: Handschriften, Karten, Fotos, Filme und vieles mehr. Ich staune selbst immer wieder, was wir alles haben. Wir dürfen dieses tolle Material nicht nur sammeln, sondern überlegen uns auch immer wieder neu, wie wir es vermitteln können. Und indem wir sammeln und bereitstellen, aber auch indem wir auf unterschiedliche Art und Weise vermitteln, eröffnen wir einen wichtigen Raum, in dem Kultur wirken und sich entfalten kann. Jeder ist herzlich eingeladen, diesen Raum zu betreten und ihn damit mitzugestalten.

Wie kann eine Bibliothek Kultur an oder in die Schule bringen?
Die Kompetenz Lesen und ein Verständnis von Literatur sind wichtige Schlüssel zum gesellschaftlichen und kulturellen Miteinander. Damit sind Bibliothek und Schule ideale Partner, die zusammen viel erreichen können. Wie sie das erreichen, hängt natürlich sehr von den jeweiligen Umständen und Bedürfnisse ab. Der in meinen Augen vielleicht wichtigste Faktor dabei sind jedoch Menschen, die von dem, was sie tun, begeistert sind und die ihre Begeisterung auch teilen können. Ein sehr schönes Beispiel ist hier das Angebot Literatur aus erster Hand. Wenn begeisternde Autoren bei Kindern die Lust am Lesen wecken oder weiter anreizen – was gibt es Schöneres?

Wie steht es um die Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und Schulen im Kanton St.Gallen?
Ich bin nun erst ein Jahr hier in St.Gallen und kann die Frage daher nicht aus breit abgestütztem Wissen, sondern lediglich aus ersten Eindrücken beantworten. Mir sind einige Beispiele für eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und Schulen begegnet, die für beiden Seiten sehr gewinnbringend sind. Ich habe aber auch den Eindruck gewonnen, dass die Zusammenarbeit andernorts durchaus noch Entwicklungspotential hat. Ich möchte dem Thema in der nächsten Zeit etwas mehr Aufmerksamkeit schenken und auch verstehen wollen, warum die Zusammenarbeit an einigen Stellen so gut funktioniert, an anderen wiederum noch nicht.

Was braucht es, um Bibliotheken als Bildungspartner bei den Schulen zu verankern?
Ein offenes Miteinander, bei dem sich die jeweiligen Kompetenzen ergänzen können und man nicht zu sehr in Zuständigkeiten, Ressorts oder gar Konkurrenz denkt. Und es braucht Trägerschaften, die dieses Miteinander unterstützen: ideell, mit personellen und finanziellen Ressourcen und mit der Möglichkeit, die Zusammenarbeit niederschwellig und flexibel gestalten zu können.

Ergänze bitte folgende Satzteile oder Stichworte:

  • Dieses Buch / diese Musik / diesen Film würde ich auf die berühmte einsame Insel mitnehmen: Weil ich mich nicht entscheiden kann, würde ich es vermeiden, auf die berühmte einsame Insel zu gehen. ;-)
  • Davon wird mir schwindelig: zu viele Termine und ungelöste Probleme
  • Immer wieder lustig: das Leben

Herzlichen Dank für Deine Antworten!