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KOMET-Projekt: BauGeSchichten

KOMET-Projekt: BauGeSchichten

02.08.2018 - Praxis

Im Jahr 2016 nahm das Jahresthema im Freilichtmuseum Ballenberg die baulichen Veränderungen in der Schweiz in den Fokus. 14 kurze Filme beleuchten die heutige Situation an den Herkunftsorten ausgewählter Ballenberg-Häuser. Eindrücklich zeigen die Filme den Wandel des Schweizer Siedlungsraums in den letzten 50 Jahren. Entwicklungen werden sichtbar, die notwendig sind und die stattfinden, weil sich die Bedürfnisse der Menschen ändern: neue technische Möglichkeiten und veränderte Anforderungen an Versorgung, Wohnraum, Mobilität, Arbeitsplatz.

Im Rahmen des Jahresthemas entwickelte das Vermittlungsteam des Freilichtmuseums Ballenberg gemeinsam mit Bettina Riedrich | zwischendrin das SAFARI-Projekt BauGeSchichten für Aargauer Schulklassen, das nun im Rahmen des Wettbewerbs KOMET auch Thurgauer Schulklassen angeboten werden konnte. Durch BauGeSchichten erfahren Kinder und Jugendliche in konkreten Erlebnissen die Entwicklung ihrer Lebensräume. Sie untersuchen aktiv heutige und historische Bauten und ihre Umgebung und entwickeln eigene Ideen für die Gestaltung der bebauten und unbebauten Umwelt. Durch die inhaltliche und kritische Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung findet eine Befähigung und Ermächtigung zu gesellschaftlicher Teilhabe in den Bereichen Architektur, Baukultur und Raumplanung statt.

Teilnehmende Klassen:
Bichelsee: 2 Klassen, altersdurchmischt 4.-6. Stufe, gesamt 41 SuS
Frauenfeld: 1 Klasse, altersdurchmischt 5.+6. Stufe, gesamt 21 SuS

Sparte / Bereich:
Baukultur

Projektbeschreibung:
Nach einer Einführung in der Schule besuchten die Klassen das Freilichtmuseum Ballenberg und untersuchten dort im Rahmen eines halbtägigen Workshops Häuser aus ihrem und den umliegenden Kantonen. Im Fall der Thugauer Klassen waren dies ein Wohnhaus aus Wattwil, ein Bauernhaus aus Uesslingen, ein Weinbauernhaus aus Richterswil und ein Bauernhaus aus Wila. Nachmittags vertieften die Schülerinnen und Schüler die Auseinandersetzung mit verschiedenen Gebäuden mit Hilfe der Schülerunterlagen «Forschungsreise für Neugierige. Ein Rundgang zu den Themen Architektur, Mensch und Umwelt». Als Haus-, Alltags- und UmweltforscherInnen betrachteten die Kinder die Häuser aus verschiedenen Blickwinkeln.

In einem zweiten Schritt fand der Besuch des ursprünglichen Standortes eines der Ballenberghäuser statt. Die beiden Bichelseer Klassen fuhren mit den Velos in die Nachbargemeinde Wila, die Frauenfelder Schülerinnen und Schüler radelten nach Uesslingen. In Standort Wila befindet sich mittlerweile eine Überbauung für 5 Familien. In Uesslingen entsteht momentan eine moderne Kelterei. Mit Hilfe von historischem Kartenmaterial und Fotografien untersuchten die Kinder die jeweiligen Standorte. Im Anschluss gab es jeweils die Möglichkeit, Menschen zu interviewen, die das ursprüngliche Haus noch kannten und dementsprechend Antwort auf die vielen Fragen der Kinder geben konnten.

Der dritte Schritt führte daraufhin in die direkte Schulumgebung. Die Schülerinnen und Schüler hatten zwischenzeitlich Orte auf einer Umgebungskarte markiert, die ihnen entweder besonders zusagten, sie irritierten oder an denen sie sich unwohl fühlten. In drei Gruppen wurden zu Beginn des Workshops drei der Orte ausgewählt und in Kleingruppen bearbeitet. Vor Ort versuchten die Kinder möglichst viel über das Gebäude, den Platz, die Situation herauszufinden, ein Fragenkatalog stand zur Orientierung zur Verfügung. In kurzen Präsentationen stellten die SuS ihren KollegInnen „ihren“ Ort daraufhin vor.

Aufgeladen mit diesen Informationen ging dann die weitgehend selbständige Projektarbeit in der Schule weiter. Je nach Interesse der Lehrpersonen, den zeitlichen Möglichkeiten und Wüschen der Kinder entstanden sehr unterschiedliche Produkte (Zeichnungen, Modelle, Theaterstücke, ...). Diese kamen im Rahmen des laufenden Schulprogramms zu einem internen Abschluss. Die Präsentation ausgewählter Arbeiten auf dem Ballenberg steht noch aus.

Projektumfang / Dauer:
Der Projektaufbau besteht aus vier halb-ganztägigen Modulen, die im Freilichtmuseum Ballenberg, in der Ursprungsgemeinde eines Ballenberghauses sowie in der Lern- und Wohnumgebung der SuS stattfinden. Die Module werden vom Projektteam BauGeSchichten in Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen durchgeführt. Die Module wurden mit den jeweiligen Klassen innerhalb von 4-6 Wochen (Herbst 2017 und Frühjahr 2018) durchgeführt. Die Arbeit am Projekt in den Schulklassen gestaltete sich in Inhalt, Zielrichtung, Medien und Zeitaufwand sehr unterschiedlich – dies blieb den jeweiligen Lehrpersonen überlassen.

Ziele:
Die Kinder und Jugendlichen

  • erhalten auf dem Ballenberg Einblick in die ländliche, vorindustrielle Schweiz; der Schwerpunkt liegt auf Häusern aus ihrem Kanton
  • spüren an den Ursprungsorten der Ballenberghäuser den Veränderungen in der Bebauung der Schweiz und dem Strukturwandel der letzten 200 Jahren nach
  • erkunden die gebaute Umwelt in ihrer direkten Umgebung (Schulumfeld, Wohnort) und schärfen ihre Wahrnehmung
  • erhalten Einblicke in die Arbeitsfelder und Institutionen Denkmalpflege, Architektur, Museum
  • eignen sich Kenntnisse und Fähigkeiten an, mit denen sie in ihrer direkten Wohn- und Lernumgebung Einfluss nehmen und sich einbringen können
  • experimentieren mit gestalterischen und dokumentarischen Ausdrucksformen

Die Kulturinstitution Ballenberg

  • baut nachhaltige Beziehungen zu den Herkunftsorten ihrer Gebäude auf
  • entwickelt ihr Angebot im Bereich Architekturvermittlung weiter
  • erforscht neue Vermittlungsformate und probiert sie aus
  • baut einen Impulsgeber für weitere Schulklassen auf, sich intensiv mit dem Thema Siedlungsentwicklung auch an Hand der Ballenberghäusern zu beschäftigen
  • integriert partizipativ erarbeitete Inhalte ins Museum
  • möchte das Freilichtmuseum sichtbar machen
  • möchte die Öffentlichkeit für bauliche Veränderungen und ihre Ursachen sensibilisieren

Budget und Finanzierung:
Das Gesamtbudget für die Durchführung von BauGeSchichten mit drei Thurgauer Schulklassen betrug 20.210 CHF. Diese teilten sich wie folgt auf:

Eigenleistung (Ballenberg und Zwischendrin): CHF 5'500.00
Private Gelder / Sponsoring: CHF 700.00
Anteil Schulen (ohne Reisekosten): CHF 660.00
Gelder Öffentliche Hand (KOMET): CHF 13'400.00
Gesamt: CHF 20'260.00

Fazit / Erfahrungen / Tipps:
Insgesamt waren die Rückmeldungen auf das Projekt positiv. Die Arbeitsaufträge sind altersgerecht, die Workshops logisch und stimmig. Eine grundsätzliche Sensibilisierung der SuS auf ihre gebaute Umwelt hat stattgefunden, inwieweit diese jedoch nachhaltig ist, hängt stark mit der Weiterarbeit am Thema in den jeweiligen Klassen zusammen. Dank der Finanzierung des Pilotprojektes durch SAFARI und die Möglichkeit, durch die KOMET-Finanzierung den Pilot zu verfeinern, ist das Projekt nun an einem Stand, an dem es bei Nachfrage flächendeckend angeboten werden kann. Die Arbeitsaufträge werden in einem nächsten Schritt auf Grund der gemachten Erfahrungen wenig überarbeitet und auf den Blog gestellt, so, dass einzelne Module auch selbständig von Lehrpersonen durchgeführt werden könnten. Schülerrückmeldungen könnten in einer nächsten Durchführung stärker eingebunden werden (innerhalb des Projektes und für Auswertung). Für den Ausflug auf den Ballenberg sollte unbedingt genügend Zeit eingerechnet werden (wenn möglich mit Übernachtung, evtl. sogar den Besuch auf zwei Tage aufsplitten). Die Ortserkundung am ursprünglichen Standort bleibt auch zukünftig der Moment mit den grössten Unklarheiten: Das Modul ist wichtig, um eine Verortung des „Gestern“ im „Heute“ zu erreichen, die ortsspezifische Arbeit und der Kontakt mit Verantwortlichen jedoch wenig planbar und von Ort zu Ort sehr unterschiedlich. Diese Unsicherheit könnte im Vorfeld noch klarer thematisiert werden. Grundsätzlich ist die Herangehensweise jedoch sinnvoll (Suche des ursprünglichen Standorts mit Hilfe von Karten und Fotografien; im Sinne von oral history Kontakt mit jemandem, der/die das Ballenberghaus vor Ort noch kannte).

Projektleitung / Kontaktperson:
Bettina Riedrich, zwischendrin

Schule:
Primarschule Bichelsee, Schulhaus Traber, Hauptstrasse 26, 8363 Bichelsee, http://www.schulenbichelsee.ch/

Primarschule Oberwiesen, Oberwiesenstrasse 40, 8500 Frauenfeld, http://www.schulen-frauenfeld.ch

Zusammenarbeit mit folgenden Kunstschaffenden / Institutionen:
Susanne Kudorfer, Leitung Vermittlung Freilichtmuseum Ballenberg, susanne.kudorfer[at]ballenberg.ch

Dokumentation / Links:
www.baugeschichten.ch